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Schildkröten
Schildkröten
gehören zu den ältesten Reptilien der Erde. Man kennt von ihnen über 300 Arten.
Es gibt Riesenformen, die sogenannten Elefantenschildkröten auf den
Galapagos-und Seyschellen-Inseln, die bis zu fünf Zentner schwer werden. Wegen
ihres wohlschmeckenden Fleisches sind sie heute beinahe ausgerottet. In
Mitteleuropa kommt die europäische Sumpfschildkröte vor. Sie ist sehr selten
und steht unter Naturschutz. Schildkrötensuppe wird aus dem Fleisch der in den
tropischen Meeren lebenden Suppenschildkröte hergestellt.
Schildkröten
(Testudines) sind die einzigen Reptilien, denen der Mensch ohne Vorurteile,
Mißtrauen oder Angst begegnet. Ihr Panzer macht sie mit anderen
Reptilien-Ordnungen unverwechselbar. Die passive Art ihrer Verteidigung, ihr
urtümliches Aussehen und ihr hohes Alter machten sie zum Sinnbild der Ruhe,
Friedfertigkeit und des langen Lebens. Der Panzer ist ein Teil des Skelettes.
Unter dem Hornpanzer- oder bei den Weichschildkröten unter der lederartigen
Haut befindet sich ein knöcherner Panzer. Dazwischen liegt eine lebende
Hautschicht, Schildkröten sind daher keineswegs so unempfindlich wie allgemein
angenommen wird. Der Rückenpanzer (Carapax) ist seitlich durch die Brücke mit
dem Bauchpanzer (Plastron) verbunden. Wasserschildkröten besitzen sogenannte
Analblasen mit stark durchbluteter Haut. Dem durch die Kloake eingedrungenen
Wasser wird damit Sauerstoff entzogen. Derselbe Vorgang findet auch in der
Mundhöhle statt. Diese Schlund- und Analblasenatmung reicht aus, um unter einer
geschlossenen Eisdecke zu überwintern.
Die
Beine der Landschildkröten unterscheiden sich wesentlich von den übrigen
Reptilienbeinen, sie sind klumpfußartig umgeformt und mit kräftigen Nägeln
besetzt. Die Außenseiten der Vorder- und Hinterbeine sind mit großen kräftigen
Schuppen bedeckt; sie stellen einen zusätzlichen Schutz der Weichteile dar, die
nicht vollständig unter den Panzer eingezogen werden können. Der Kopf ist im
Verhältnis zum Rumpf klein. Es fehlen die Zähne. Die Kiefer sind mit
scharfkantigen Hornschneiden versehen, die beim Abbeißen (Abschneiden) der
Nahrung gute Dienste leisten. Die Augen können Farben unterscheiden und Formen
gut erkennen. Auf bewegliche Lichtreize und Schatten reagieren sie auffallend
schnell. Die Augen werden beim Schlafen geschlossen. Ob Schildkröten die
Schallwellen der Luft aufnehmen, ist nicht ganz erwiesen. Doch nehmen sie wie
die Schlangen die leichtesten Bodenerschütterungen wahr. Nur während der
Paarung kann man vom Männchen eine schwache Stimme hören, es ist ein leises
»Piepsen« oder auch »Ächzen«. Das manchmal hörbare Zischen beruht auf einem
plötzlichen Ausstoßen der Luft, wenn die Gliedmaßen schnell eingezogen werden,
und ist keine Stimmäußerung. Das Gehirn der Schildkröten ist klein, aber gut
entwickelt. Sie haben einen guten Geruchssinn und können deshalb reife Früchte
schon auf große Entfernung riechen. Äußere Geschlechtsunterschiede sind nicht
bei allen Arten deutlich ausgeprägt. Im allgemeinen sind weibliche Tiere
größer. Ihr Schwanz ist kürzer, und die Kloakenöffnung liegt mehr in Richtung
Schwanzwurzel, der Bauchpanzer ist flach. Beim Männchen ist der Bauchpanzer
konkav, also nach innen gewölbt, was ihm das Aufsitzen auf das Weibchen
erleichtert. Alle Schildkröten legen hartschalige Eier, deren Form je nach
Gattung unterschiedlich sein kann.
Während
die Mühlenbergschildkröte (Clemmys mühlenbergii) gerade 10 cm Panzerlänge
erreicht, wird die riesige, meeresbewohnende Lederschildkröte (Dermochelys
oriacea) bis zwei Meter lang und kann über 500 kg wiegen. Die Schildkröten
werden in der Systematik in zwei Unterordnungen eingeteilt, und zwar nicht in
Land und Wasserschildkröten, sondern in
Halsberger Schildkröten (Cryptodira) und Halswender Schildkröten (Pleurodira).
Halsberger-Schildkröten können den Kopf vollständig in den Panzer einziehen, so
daß der Hals senkrecht in S-Form zu stehen kommt. Die Halswender-Schildkröten
dagegen legen oder ziehen ihren Kopf mit dem Hals seitlich unter den
Panzervorderrand ein.
Zur
Unterordnung der Halsberger-Schildkröten (Cryptodira) gehören folgende zehn
Familien:
Familie
Tabasco-Schildkröten (Dermatemydidae) mit einer Gattung;
Familie
Alligatorschildkröten (Chelydridae) mit zwei Gattungen.
Familie
Schlammschildkröten (Kinosternidae) mit vier Gattungen;
Familie
Großkopfschildkröten (Platysternidae) mit einer Gattung;
Familie
Sumpfschildkröten (Emydidae) mit ca. vierundzwanzig Gattungen; Familie
Landschildkröten (Testudinidae) mit sechs Gattungen;
Familie
Meeresschildkröten (Cheloniidae) mit vier Gattungen;
Familie
Lederschildkröten (Dermochelyidae) mit einerGattung;
Familie
Papua-Weichschildkröten (Carettochelyidae) mit einer Gattung;
Familie
Echte Weichschildkröten (Trionychidae).
Die
Unterfamilien wurden hier in der Aufzählung nicht berücksichtigt.
Die
Unterordnung der Halswender-Schildkröten (Pleurodira) hat zwei Familien:
Familie Pelomedusen-Schildkröten (Pelomedusidae) mit drei Gattungen;
Familie
Schlangenhalsschildkröten (Chelidae) mit zehn Gattungen. Für den Terrarianer
sind viele Gattungen und Arten interessant, einige Schildkrötenarten lassen
sich im Terrarium, andere wieder im Freilandterrarium oder im Aqua-Terrarium
erfolgreich pflegen.
Landschildkröten
brauchen ein verhältnismäßig großes Terrarium mit möglichst viel Auslauf. Den
kleinen Arten bietet man einen Unterschlupf für die Nacht an; er wird meist
regelmäßig aufgesucht und trägt wesentlich zum Wohlbefinden und zur Sicherheit
der Tiere bei. Schon ihr Körperbau - der hohe Rückenpanzer und die kurzen,
plumpen Beine - charakterisieren die Landschildkröten als vorwiegende
Pflanzenfresser, da ihnen die Jagd auf lebende Beute schlecht möglich ist. Da
Pflanzenfressern in der Natur praktisch immer Nahrung zur Verfügung steht,
sollten sie auch im Terrarium entsprechend versorgt werden. Jungtiere füttert
man täglich, ausgewachsene Exemplare läßt man einen Tag pro Woche fasten. Das
Futterangebot kann ohne Mühe abwechslungsreich gestaltet werden. Man bietet
alle verfügbaren Grünzeug-, Obst-, Gemüse- und Beerenarten an und findet
schnell ein eventuelles Lieblingsfutter heraus. Als tierische Beikost, von
manchen Arten mehr oder weniger gern angenommen, eignen sich Hackfleisch,
Rinderherz, Regenwürmer und Schnecken. Da Schildkröten für ihren Panzeraufbau
viel Kalk benötigen, ist für dessen reichliche Zufuhr Sorge zu tragen. Läßt man
eine Schildkröte auf einer Wiese laufen, damit sie sich ihr Menü selbst sucht
und etwas Bewegung hat, muß man gut aufpassen, daß sie im hohen Gras nicht
verloren geht. Unbedingt abzulehnen ist die Unsitte, den Panzer zu durchbohren,
um eine Schnur daran zu befestigen, mit der die Schildkröte an einen Pflock
gebunden wird. Besser ist da schon die Idee, mit einem breiten Gummiband eine
auffallende, das Gras überragende Fahne an dem Tier zu befestigen. Diese
Vorrichtung legt man nur bei Bedarf an. Für alle Fälle schreibt man noch seinen
Namen und seine Adresse darauf. Sollte die Schildkröte doch einmal verloren
gehen, weiß der spätere Finder wenigstens, an wen er sich wenden muß.
Für
Wasserschildkröten ist etwas mehr Aufwand nötig, sowohl was den Bau des
Terrariums als auch die Pflege und Futterbeschaffung betrifft. Die Tiere
fressen unter Wasser (nur wenige können es auch außerhalb) und koten auch
darin. Wegen des Wohlbefindens und der Gesunderhaltung der Tiere ist ein
regelmäßiger Wasserwechsel nötig. Die Intervalle sind abhängig vom Verhältnis
der Anzahl und Größe der Tiere zur Wassermenge und ob gefiltert wird oder
nicht. Bietet man Fisch- oder Fleischfressern kleine Nahrungsstücke an,
verhindert man eine starke Verunreinigung beim Fressen. Zudem wird von ihnen
der Kot in etwas festerer Form abgegeben. Saugt man ihn immer möglichst bald
ab, kann man einen Wasserwechsel schon um einige Tage hinauszögern, wobei dann
darauf zu achten ist, daß das frische Wasser etwa die gleiche Temperatur hat
wie das verschmutzte. Der Wasserstand muß mindestens so hoch sein, wie der
Panzer der größten Schildkröte breit ist. Bei niedrigem Wasserstand ist das
Herumdrehen aus der Rückenlage schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Die
angegebenen Temperaturen sind Anhaltswerte, geringfügige Abweichungen sind ohne
Nachteile möglich, da fast jedes Tier ein gewisses Anpassungsvermögen hat. Beim
Auftreten von Schwierigkeiten wie Freßunlust, Erkältungen usw. ist aber der
Beachtung der optimalen Temperaturspanne größere Aufmerksamkeit zu widmen. Ein
Temperaturgefälle kann man Wasserschildkröten auch bieten, indem man einen als
Insel eingesetzten Stein mit einem weißen Strahler beleuchtet. Bei Bedarf
können sich die Schildkröten auf dem Stein richtig erwärmen. Es muß aber auch
eine schattige Insel vorhanden sein. Als Futter für Wasserschildkröten kommt
außer pflanzlicher Kost fast alle tierische Nahrung in Frage: Fische (Süß- und
Seewasser), Regenwürmer, Tubifex, Insekten entsprechender Größe, mageres
Fleisch (gekocht ist es leichter verdaulich), Innereien, Muscheln, Tintenfisch
(gekocht), Garnelen, Krebse, spezielles Schildkrötenfutter sowie Hunde- und
Katzenfutter. Das Verfüttern von Wasserschnecken kann wegen
Parasitenübertragung gefährlich werden, besonders bei Schnecken aus der Natur.
Fische verfüttert man möglichst in kleinen Exemplaren, auf diese Weise bekommt
die Schildkröte nicht nur pures Fischfleisch, sondern auch Innereien sowie die
für die Kalkversorgung wichtigen Gräten und Schuppen. Das Futter ist am besten
unzerkleinert zu geben, die Tiere reißen und beißen sich schon ihren Anteil ab.
Im Terrarium herrscht bei ihnen eher etwas Bewegungsmangel, so müssen sie sich
wenigstens beim Fressen mehr anstrengen. Wasserschildkröten sind arg
futterneidisch, bei der Fütterung geht es recht turbulent zu. Unbedingt ist
darauf zu achten, daß jedes Tier genügend Futter erhält; es kann daher
notwendig sein, scheue oder schwächliche Exemplare separat zu füttern.
Bei
der Fütterung sieht man, daß Wasserschildkröten räuberisch leben. Kleine
Schildkröten pflegt man daher am besten nicht mit großen zusammen, sie könnten
sonst leicht aus Versehen deren Beute werden oder im Streit ums Futter
gefährliche Bißwunden davontragen. Der Terrarianer sollte beachten, daß die
Europäischen Wasserschildkröten und die Tiere aus gemäßigten Zonen nicht so gut
fürs Zimmerterrarium geeignet sind. Ihnen ist es meistens zu warm, im Winter
brauchen sie eine Ruhepause. Schildkröten aus unseren Breiten sind am besten im
Freilandterrarium zu pflegen.