Unterfamilie Natricinae
Ringelnatter (Natrix natrix)
Die am
häufigsten in Deutschland und Österreich vorkommende Schlange ist die
Ringelnatter. In einer Anzahl von Unterarten kommt sie in ganz Europa, Nordwest
Afrika und West-Asien vor. Das typische Erkennungsmerkmal der Ringelnatter sind
zwei halbmondförmige, meist gelbe Flecken auf beiden Seiten des Hinterkopfes.
Diese Flecken können aber bei manchen Unterarten fehlen, desgleichen sind
verschiedene Grundfarben, Grau, Braun, Grünlich, Bläulich, mit oder ohne
Fleckenzeichnung möglich. Ganz schwarze Exemplare gibt es auch. Folgende
Unterarten sind in Europa verbreitet: Die Gewöhnliche Ringelnatter (Natrix
natrix natrix) vom Rhein bis nach Skandinavien und bis zum nördlichen Balkan.
Die Spanische Ringelnatter (Natrix natrix astreptophora) von der
Pyrenäenhalbinsei bis hin nach Marokko und Algerien. Die Sardische Ringelnatter
(Natrix natrix cetti) lebt auf Sardinien. Die Korsische Ringelnatter(Natrix
natrix corsa) kommt auf Korsika vor. Die Barrenringelnatter
(Natrix natrix
heivetica) lebt in England, in ganz Frankreich bis zu den Pyrenäen, im
Rheingebiet und im Norden Italiens. Ebenso unterschiedlich wie in der Färbung
und Zeichnung sind auch die einzelnen Unterarten in der maximal erreichbaren
Größe. Die Nominatform (Natrixnatrixnatrix) wird über einen Meter, die
Barrenringelnatter (Natrix natrix heivetica) sogar zwei Meter lang. Die größten
Tiere sind stets Weibchen, die Männchen bleiben kleiner.
Der Lebensraum
der Ringelnatter sind die Uferzonen von Teichen, Sümpfen und schwachfließenden
Wasserläufen. Man kann sie aber auch weit entfernt vom Wasser antreffen. Im
Gebirge kommt sie bis in eine Höhe von 2000 Metern vor. Natürliche Feinde der
Ringelnatter sind Igel, Störche, Fischreiher und Greifvögel. Obwohl sie völlig
harmlos ist, wird sie leider auch vom Menschen verfolgt. Frösche, Molche,
Fische und Kröten bilden die Nahrungsgrundlage in der Freiheit.
Ringelnattern
lassen sich gut im Terrarium halten. Allerdings sollte man im Zimmerterrarium
nur Jungtiere oder kleinbleibende etwas wärmebedürftigere südliche Unterarten
pflegen. Das Terrarium muß für diese lebhafte Schlange geräumig sein, außerdem
ist wegen des raschen Stoffwechsels stets auf äußerste Sauberkeit zu achten. Am
wohlsten fühlt sich eine Ringelnatter aber zweifellos im Freilandterrarium.
Wenn sie auch eine Wasserschlange ist und gerne schwimmt, so braucht sie doch
unbedingt einen sonnigen, trockenen Ruheplatz, sonst sind Hautschädigungen
unvermeidlich. Da ein Terrarianer auch gleichzeitig Naturschützer ist, sollte
er seinen Ringelnattern keine Frösche und Molche mehr verfüttern, die bei uns
immer seltener werden. Ein gutes, leicht zu beschaffendes Futter sind Fische
(aber keine Barsche, wegen der Rückenstacheln), die meist auch gerne angenommen
werden. Wenn man eine Ringelnatter fängt, versucht sie unter Zischen und Winden
zu entfliehen, dazu entleert sie ihre Stinkdrüsen. Verhilft ihr das immer noch
nicht zur Freiheit, kann sie sich totstellen. Dabei erschlafft ihr Körper, das
Maul ist leicht geöffnet, und die Zunge hängt heraus. Nach einiger Zeit,
nämlich dann, wenn die vermeintlich tote Schlange nicht mehr behelligt wird,
wird sie wieder munter und entflieht. Bei guten Lebensbedingungen im Terrarium
und der Haltung von mindestens einem Pärchen legt das Weibchen im Juli seine
Eier in einem Laubhaufen oder in lockerem, modrigem Holz ab. Nach 7-10 Wochen schlüpfen
die Jungen. Sind es Jungtiere von heimischen Unterarten, setzt man sie bald an
geeigneter Stelle aus. So hat man einen kleinen Beitrag zur Arterhaltung
geleistet. Ausländische Unterarten darf man nicht in jedem beliebigen Gebiet
aussetzen. Diese gewiß gut gemeinte Aktion wäre eine echte Faunaverfälschung.
Man füttert sie am besten bis zum nächsten Urlaub durch und setzt sie dann in
ihrer Ursprungsheimat im richtigen Biotop wieder aus. Dabei muß man aber die
jeweiligen Einfuhrbestimmungen von lebenden Tieren in den betreffenden Ländern
und Staaten beachten, damit man anstandslos den Zoll passieren kann. Werden
Exemplare aus der Nachzucht an andere Terrarianer abgegeben, so wird dadurch
der neuerliche Import von weiteren wertvollen Wildexemplaren wenigstens etwas
reduziert.
Vipernatter (Natrix maura)
Die Vipernatter
ist in Südwest-Europa (außer in Deutschland) und in Nordwest-Afrika zu Hause.
Biotop, Lebensweise und Nahrung sind ähnlich wie bei der Ringelnatter. Mit
Vorliebe hält sie sich in der Nähe von Gewässern auf. Die Männchen können eine
Gesamtlänge von ca. 80 cm erreichen, die Weibchen können sogar bis zu 1 m lang
werden. Auf ihrem Rücken ist ein deutliches Zickzackband zu sehen. Diese
Ähnlichkeit mit der Kreuzotter verhalf ihr zu ihrem deutschen Namen
„Vipernatter“. Sie ist aber gänzlich ungiftig. Nur bei großen älteren Tieren
muß man etwas vorsichtig sein, weil diese manchmal bissig sind. Im Gegensatz zu
den Pupillen der Kreuzotter sind ihre Pupillen rund. Sie ist tagaktiv und
verläßt am Morgen und am Nachmittag ihren Unterschlupf, um sich zu sonnen. Das
Tier kann außerordentlich gut schwimmen und lauert am Bodengrund der Gewässer
auf seine Beute. Das Weibchen legt seine 4-20 Eier im Juni oder August in
lockeren Boden unter dem Schutz von Pflanzen oder Steinen ab.
Würfelnatter (Natrix tessellata)
Das
Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Mittel-und Süd-Europa bis Nordwest-Indien
und West China. In Deutschland ist sie noch im Gebiet von Nahe, Rhein und Mosel
heimisch. Wissenschaftlich gesehen stellt sie ebenso wie die Smaragdeidechse
ein „Überbleibsel“ aus den wärmeren Perioden der Nacheiszeit dar. Die
Würfelnatter ist in ihrer Lebensweise stark an das Wasser gebunden. In den nördlichen
Regionen ihres Verbreitungsgebietes lebende Tiere werden kaum 1 m lang, während
die in südlichen Gebieten lebenden Formen 1,5 m erreichen können. Ihre Nahrung
erbeutet sie im Wasser. Große Tiere nimmt sie mit an Land, während kleinere
Fische sofort im Wasser verschlungen werden. Wird sie gefangen, entleert sie
ihre Stinkdrüsen und zischt, beißt aber ebenso wenig wie die Ringel- und
Vipernatter. Dieses Verhalten zeigen fast alle Wassernattern. Bei der
Terrarienhaltung ist ihre Vorliebe fürs Wasser zu berücksichtigen. Am wohlsten
fühlt sie sich in einem Freilandterrarium in einer bepflanzten Teichlandschaft.
Strumpfbandnattern (Thamnophis)
Außerordentlich hübsch und sehr gut zu halten sind die
Strumpfbandnattern der Gattung Thamnophis aus Nordamerika. Sie sind dort die am
häufigsten vorkommenden Schlangen. Als semiaquatile Arten bevölkern sie auch
dichtbesiedelte Gebiete. In der Regel sehen sie schwarz aus und weisen zwei
oder sogar drei gelbe bis orangefarbige Längsstreifen auf. Ungefähr 20 Arten,
die zwischen 55 und 75 cm groß werden, hat die Gattung Thamnophis. Eine
Ausnahme bildet Thamnophis giganteus aus Kalifornien mit einer Körperlänge von
annähernd 1,5 m. Die vielen Arten und Unterarten sind schwer zu unterscheiden,
und es liegt noch immer keine genaue deutsche Beschreibung der Arten vor. Immer
wieder werden Strumpfbandnattern angeboten, die der Laie der Gattung Thamnophis
zuordnen kann, aber deren Arten er kaum ermitteln wird. Wenn der Fundort nicht
bekannt ist oder wegen der unbestimmten Art nicht ermittelt werden kann, so
kann diese Unkenntnis zwangsläufig zu einer verkehrten Terrarienhaltung führen.
Man sollte die Händler deshalb nach dem genauen Fundort fragen. Da aber viele
Strumpfbandnattern ähnlich wie unsere Wassernattern eine intensive Bindung zum
Wasser haben und die Ansprüche in etwa bekannt sind, kann man sie gut im
Terrarium pflegen und in den ganz warmen Sommermonaten sogar ins Freiland
Terrarium setzen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Bindung an das Wasser
nicht bei allen Arten so ausgeprägt ist wie bei unserer Ringelnatter und bei
den Würfel- oder Vipernattern. Das Terrarium richtet man entsprechend den
Terrarien für die europäischen Wassernattern ein. Ein Landteil, nicht zu klein,
mit Versteckmöglichkeiten und einigen haltbaren Gewächsen aus dem feuchten
Milieu, sowie ein Wasserteil, der ständig mit frischem Wasser gefüllt sein muß,
ist lebensnotwendig. Der hervorragend angepaßte Körperbau der Strumpfbandnatter
erlaubt es ihr, auch durch kleinste Spalten und Ritzen zu kommen; sie kriecht
meisterhaft durch Gras und Geäst, immer auf Tarnung bedacht, denn die Zahl der
Feinde ist groß. Das Terrarium muß unbedingt ausbruchsicher sein. Vor allem
Wassernattern können auf dem Weg über die Toilette sonst ins Freie gelangen,
wobei sie nicht selten beim Nachbarn im Badezimmer wieder auftauchen. Da dieser
in den allerwenigsten Fällen unterscheiden kann, ob es sich um eine völlig
harmlose oder giftige Schlange handelt, wird er sie in seinem ersten Schreck
vielleicht töten. Solchen Ärger kann man sich ersparen, indem man von
vornherein das Terrarium ausbruchsicher anlegt.
Strumpfbandnattern ernähren sich
in der Natur von Fischen, kleinen Fröschen und Schwanzlurchen. Im Terrarium
bietet man ihnen Fische an, die leicht zu besorgen sind; Futterfische kann man
in fast jeder Zoohandlung kaufen; Regenwürmer und in Streifen geschnittenes
Rinderherz sind ebenfalls sehr gut geeignet. Man muß allerdings für Abwechslung
sorgen, indem man auch Fisch, Herz oder Regenwürmer verfüttert. Frösche und Molche
sollten, da ihre Bestände sich immer mehr verringern, nicht mehr verfüttert
werden. Wenn die Herkunft und Ansprüche der Schlangen bekannt sind, dann kann
auch ein Anfänger diese schönen Kriechtiere pflegen. Sie sind nicht teuer,
leicht zu pflegen und absolut harmlos. Strumpfbandnattern aus nördlichen
Breiten brauchen eine Winterruhe, sonst pflanzen sie sich nicht fort. Die
Nachzucht ist schon öfter gelungen. Leider zählen auch Strumpfbandnattern zu
den bedrohten Tieren. Die Zweistreifenstrumpfbandnatter (Thamnophis etegans
hammondi) steht sogar auf der Liste des Washingtoner Artenschutzübereinkommens.