Dieses nächst dem Goldhamster
beliebteste Haustier aus der Ordnung der Nager wurde von den alten Inkas aus
der wilden peruanischen Stammform, Cavia cutieri, die mit weiteren 19
Meerschweinchenarten in Mittel- und Südamerika vorkommt, gezüchtet. Dies
geschah wahrscheinlich im 15.Jahrhundert. Die Indianer essen noch heute
Meerschweinchen (Cavia Porcellus), die sie ziemlich frei in den Wohnungen umherlaufen
lassen und mit Küchenabfällen mästen. Die Tradition, Kindern Meerschweinchen zu
schenken, die übers Meer nach Europa gebracht wurden - daher der Name des wie
ein Schweinchen grunzenden Tieres-, ist 400 Jahre alt.
Erwachsene Tiere haben eine Körperlänge
von ca. 22-36cm, Männchen wiegen 1000-1800g, Weibchen 700-1000g. Sie haben nur
ein Zitzenpaar. Das Geburtsgewicht beträgt40-100g, das Gewicht nach vier bis
sechs Wochen 250 g. Mit drei bis vier Monaten wiegen die Weibchen 500 g. Die
Körpertemperatur beträgt 37,8-39,50C. In Ruhe machen die Tiere 100-150
Atemzüge/min. Sie sind tagaktive Höhlenbewohner. Die Geschlechtsreife tritt
beim Weibchen nach 30-35Tagen, beim Männchen nach 30 bis 60 Tagen ein. Die
Paarung sollte nicht vor dem dritten Monat erfolgen. Zur Zucht kann man die
Tiere drei bis vier Jahre lang benutzen. Das durchschnittlich erreichbare Alter
beträgt acht Jahre, es wurde aber auch schon von 15jährigen Veteranen
berichtet. Die Brunstzyklusdauer währt 14-18 Tage, wobei die eigentliche Brunst
bereits nach einem Tag beendet ist. Nach einer Tragezeit von 58-72
(durchschnittlich 68) Tagen werden drei bis sieben Junge geboren, die bereits
14Tage vor der Geburt ihre Augen öffnen und vom ersten Tag an herumlaufen und
feste Nahrung zu sich nehmen können. Sie werden drei Wochen lang gesäugt und
sollten nach dieser Zeit entweder abgesetzt werden oder im Rudel verbleiben,
falls man genügend Platz hat. Dabei rechnet man mit einem Männchen (Bock) auf
5-25Weibchen, die pro Jahr vier- bis fünf mal werfen. Meerschweinchen haben
keinen Schwanz, vorn vier und hinten drei Zehen. Das irrtümlicherweise als
»Unart« bezeichnete sogenannte Kotfressen - bereits frisch geboren lecken sie
den Blinddarmkot vom After der Mutter auf - ist bei allen Nagern verbreitet und
lebensnotwendig, um sich unter anderem mit bestimmten Vitaminen zu versorgen.
In
größeren Gehegen grenzt jedes Männchen sein Revier ab, in dem es mit seinen
Weibchen und den Jungtieren zusammenlebt. Männliche Jungtiere werden
vertrieben, sobald sie brünstigen Weibchen nachstellen. Vor der Paarung
umkreist das Männchen das Weibchen unter gurrenden Lauten, wiegt den Hinterleib
nach jeder Seite und bespritzt das Weibchen mit Harn. Brünstige Weibchen
schnurren ebenfalls und bieten den Männchen die Genitalregion dar. Die Jungen
werden vom Weibchen geführt. Geht eines verloren, so pfeift es, worauf das
Muttertier sofort herbeieilt. Meerschweinchen lernen ihren Pfleger persönlich
kennen und begrüßen ihn mit Pfeifen. Kurz nach dem Werfen wird das Weibchen
erneut brünstig und paart sich innerhalb der nächsten 10-12 Stunden.
Da Meerschweinchen äußerst schreckhaft
sind, brauchen sie eine ruhige Umgebung. In der Etagenwohnung wählt man einen
hellen und nicht zu warmen Raum, in dem sie die meiste Zeit des Tages unter
sich sind. Temperatur und Luftfeuchtigkeit entsprechen den Verhältnissen wie
bei uns Menschen. Zugluft führt leicht zu schwer heilbaren
Erkältungskrankheiten. Wenn man Meerschweinchen mit anderen Tieren zusammen
halten will, nimmt man pro Meerschweinchenrudel ein oder zwei Zwergkaninchen.
Ein einzelnes Meerschweinchen benötigt eine Mindestlauffläche von 60 x 30 cm.
Bei Käfighaltung für ein Rudel aus einem Bock und fünf Weibchen empfehle ich
130 x 75 cm Lauffläche und 30-60cm Höhe als Mindestmaß. Zur Einstreu nimmt man
eine 5 cm hohe Schicht aus Sägespänen oder Torf, bei größeren Gehegen auch
einfach Stroh in dicker Schicht, das aber, da die Tiere gern davon fressen,
täglich zu ergänzen ist. Auf jeden Fall muß man Versteckmöglichkeiten bieten,
bei Einzelhaltung am besten Schlupfkästen. Zum Verfüttern von Heu müssen Raufen
angebracht werden, und zwar so, daß sich die Meerschweinchen dieses ohne
Schwierigkeiten herauszupfen können. Das Tränken erfolgt aus hygienischen
Gründen mit Wasserflaschen. Im Sommer empfiehlt sich Freilandhaltung in
versetzbaren Pferchen mit regensicherem Unterschlupf und Maschendrahtdeckel zum
Schutz gegen Greifvögel. Für einen Zuchtstamm 1:10-12 oder 50 Jungtiere braucht
man 1,8m² Bodenfläche. Besonders naturnah ist die Haltung, wenn man den Meerschweinchen
die Möglichkeit bietet, Höhlen zu graben. Über die Eingangsöffnungen kann man
kleine Häuschen mit Klapptüren setzen. Man kann sie auch im Winter im Freien
lassen, wenn man dafür sorgt, daß sie sich die Höhlen warm auspolstern können.
Andernfalls bringe man sie lieber während der kalten Jahreszeit in einen Stall
oder Kellerraum. Bewährt hat sich auch die Verwendung von Laufboxen, wenn man
genügend Raum für die Meerschweinchenzucht hat. Für einen Zuchtstamm 1:25
rechnet man mit 4 m².
Will man nicht selbst züchten, sondern
seinen Bestand durch Zukauf vergrößern, so ist zu beachten, daß man die neu
erworbenen Tiere 30 Tage lang in Quarantäne nimmt. Bemerkt man Tiere mit
stumpfem und/oder struppigem Fell, die sich zusammengekauert hinlegen und tränende
oder verklebte Augen haben, so sollte man sogleich einen Tierarzt holen.
Gleiches gilt auch bei Haarausfall und verkrusteten Hautpartien. Hier kann es
sich um Milben, Haarlinge oder Pilzkrankheiten handeln, was man nur durch
mikroskopische Untersuchung klären kann. Käfig und Buchten sind wöchentlich
einmal zu reinigen, Tränkflaschen gegebenenfalls noch öfter. Die Fütterung
erfolgt bei Etagenhaltung am besten mit einem Meerschweinchenalleinfutter in
Pelletform, das in einen Fütterungsautomaten gegeben wird. Wer eine eigene
Futtergrundlage hat, gibt den Tieren alles, was auch Kaninchen fressen, also
als Saftfutter Gras, Luzerne, Löwenzahn, Salat, Futterrüben, Steckrüben,
Kohlrüben, Möhren, Kartoffeln, Blumenkohl, Spinat, Zuckerrüben,
Sellerieknollen, grünes Getreide, Tomaten, Äpfel, dazu stets Heu. Als
Kraftfutter eignen sich Getreidekörner, Kartoffelflocken, Rübenschnitzel,
Kleie, trockenes Brot. Normalerweise benötigt man so ein Kraftfutter nur im
Winter. Man rechnet davon pro Tier etwa 20 g täglich. Die Saftfuttermenge
sollte auch im Winter pro Tier und Tag 70 g nicht unterschreiten. Wird ein
Meerschweinchen täglich mit 20-30g Alleinfutter gefüttert, wird kein Saftfutter
mehr gegeben. Deshalb muß dann getränkt werden. Man darf kein Futter verwenden,
das kopfgedüngt oder mit Insektiziden behandelt wurde, und die Meerschweinchen
nicht auf gejauchte oder sonst wie gedüngte Wiesen setzen. Futter vom
Straßenrand und aus Straßengräben ist generell ungeeignet.
Die wichtigsten Rassen des
Meerschweinchens sind Angora-, Rosetten-, Aguti-, Himalaja-, Schildpattiere,
Holländische, Schecken, Einfarbige. Am häufigsten werden dreifarbige
Schildpatt-Meerschweinchen angeboten.
Bei der
Zucht bleibt der Bock immer mit den Weibchen zusammen. Da die trächtigen
Weibchen nicht einzeln gesetzt werden, ist die Meerschweinchenzucht problemlos.
Man sollte die Brunst nach der Geburt unbedingt für die nächste Paarung nutzen.
Geschlechtsreife Böcke dürfen nur dann zusammen gehalten werden, wenn sie zwei
Rudel bilden können, also zum Beispiel in einem großen Freilandgehege.
Andernfalls beißen sie sich fortwährend.
Von den Krankheiten, die auf den
Menschen übertragen werden können, stehen an erster Stelle Pilzkrankheiten, wie
die Trichophytie. Daneben muß hier auch die lymphozytäre Choriomeningitis
genannt werden, die aber bei Mäusen und Goldhamstern weitaus häufiger ist. Sie
verläuft bei den Meerschweinchen meist als Lungenentzündung und beim Menschen
als "Grippe« oder Hirnhautentzündung. Schwangere sollten den direkten
Umgang mit Nagetieren generell meiden, es sei denn, diese sind garantiert frei
von Choriomeningitis-Viren.