Die Zahl der Literatur über Spinnen steigt zwar ständig
an, und es gibt auch einige gute Bücher, aber wenn man nach einem bestimmten
Thema sucht, gleicht dies oft der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im
Heuhaufen. Und auch die Medien bringen meist nur unzureichende und nicht selten
falsche (Sensations-)Information über dieses von vielen Menschen vorverurteilte
Thema. So ist es nicht verwunderlich, daß tief in
unsere Kultur verwurzelte Ängste nicht so leicht aus der Welt zu schaffen sind.
Dabei übersteigt die Zahl derer, die weltweit durch Bienen- und Wespenstiche
ums Leben kommen, bei weitem die durch Spinnen verursachten Todesfälle.
Und auch der Nutzen, der von Spinnen ausgeht, wird oft
gar nicht beachtet oder zumindest unterschätzt. Sind sie doch wegen ihrer
Vorliebe für Insekten unersetzbare Nützlinge und ein nicht wegzudenkender Teil
der so faszinierenden und funktionierenden (zumindest so lange der Mensch nicht
eingreift) Nahrungskette. So ist das Gewicht aller Insekten, die jedes Jahr von
Spinnentieren gefressen werden größer als das aller heute lebenden Menschen.
Vogelspinnen
Die ersten Vogelspinnen werden in die Zeit vor 300
Millionen Jahren eingeordnet. Noch vor 2 Millionen Jahren gab es sie auch in
Deutschland. Sie werden oft fälschlicherweise Tarantel genannt, was daher
kommt, daß sie im amerikanischen Sprachgebrauch als
"Tarantulas" bezeichnet werden. Diese
Bezeichnung ist aber nicht richtig, da Taranteln einer anderen (Spinnen-)
Familie, ja sogar einer anderen Unterordnung angehören. Weltweit sind heute
ungefähr 800 Arten von Vogelspinnen bekannt. Ihre Körpergröße kann je nach Art
zwischen weniger als 2 bis mehr als 12 cm variieren. Dies entspricht dann einer
Beinspannweite von bis zu 30 cm. Es gibt Vogelspinnen die auf Bäumen, auf dem
Boden oder in Erdgängen leben. Vogelspinnen sind weltweit in tropischen und
teilweise in subtropischen Regionen anzutreffen. So sind Arten aus den USA,
Mittel-, und Südamerika, Afrika, Asien, Australien und sogar aus Südeuropa
bekannt. Sie zählen zu den ca. 34.000 bekannten Webspinnenarten (Araneae).Trotz des steigenden Interesses für Spinnen sind
noch viele Einzelheiten über diese Tiere unklar. Sicher ist jedoch, daß im Gegensatz zu häufigen Behauptungen von seiten der Medien keine Vogelspinnenart bekannt ist, die dem Menschen gefährlich werden kann. BÜCHERL berichtet in
seinem Buch, schon mehrmals von Vogelspinnen gebissen worden zu sein, ohne
einen Schmerz verspürt zu haben. Der nordamerikanische Forscher KASTON (nach
SCHMIDT) vergleicht den Biß von den in den USA
vorkommenden Arten mit der Intensität eines Bienenstichs. Auch VON WIRTH
beschreibt die Wirkung von Vogelspinnengift mit einem Bienenstich und erklärt, daß das Gift lediglich zum Töten kleiner Wirbeltiere, zum
Beispiel von Mäusen, ausreicht. Dies ist bei Vogelspinnen auch sehr sinnvoll,
da diese noch sehr ursprünglichen Spinnen, sehr kräftig und deshalb nicht so
sehr auf das Gift angewiesen sind wie beispielsweise die bekannte Schwarze
Witwe. Außerdem besitzen viele lateinamerikanische Arten sogenannte Reiz- oder
Brennhaare auf dem Hinterleib (Abdomen), die sie bei Gefahr dem Angreifer durch
schnelle Bewegungen der Hinterbeine entgegenschleudern. Solche Reizhaare
verursachen aber lediglich leichte Juckreize auf der Haut, oder wenn sie
eingeatmet werden ein Kratzen im Hals. Ich selbst bin in den über 4 Jahren, in
denen ich mich mit Vogelspinnen beschäftige, noch nie von dieser Tierfamilie
gebissen worden. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, vor diesen Tieren
Angst zu haben.
Vogelspinnen ernähren sich hauptsächlich von Insekten
aller Art, aber auch Spinnen (nicht selten die eigenen Verwandten), sowie
kleine Reptilien und Amphibien, kleine Säugetiere und im Ausnahmefall junge
Vögel werden nicht verschmäht. Aus diesem Grund, und weil darüber hinaus
baumbewohnende Arten mit gespreizten Beinen "vogelähnliche"
Gleitflüge vollbringen können, werden sie Vogelspinnen genannt. Da Spinnen eine
sehr dünne Speiseröhre besitzen, müssen sie ihre Beute außerhalb des Körpers vorverdauen. Dies geschieht, indem die Tiere enzymhaltige
Verdauungssekrete, die aus dem Saugmagen stammen, absondern und gleichzeitig
das Futtertier durch Kaubewegungen zerkleinern und zu einer Kugel formen. Diese
wird dann nach und nach ausgedrückt und die austretende, vorverdaute Nahrung
eingesogen. Insgesamt fressen Vogelspinnen jedoch relativ wenig, da sie durch
ihr passives Verhalten und durch ihren sparsamen Stoffwechsel nur sehr wenig
Energie verbrauchen. So füttert man ausgewachsene Vogelspinnen nur etwa alle 1
bis 2 Wochen. Aber auch längere Futterpausen (bis zu einem Jahr) schaden einer
gutgenährten Vogelspinne nicht.
Der Körper von Vogelspinnen wird von einem festen Exoskelett (Cuticula) umgeben,
das nicht in der Lage ist zu wachsen. Es besteht aus einer Grundmasse (Protein)
und einem eingelagerten Fasergerüst (Chitin) und ähnelt sehr der Insektencuticula. Aus diesem Grund müssen sich Spinnen in
gewissen Abständen einer Häutung unterziehen. Diese ermöglicht ihnen das
Wachstum und eventuell das Ersetzen fehlender Gliedmaßen. Der Häutungsvorgang
ist eine komplizierte und für die Spinne sehr anstrengende Angelegenheit.
Vogelspinnen weben sich hierzu einen Häutungsteppich, auf dem sie sich dann in
Rückenlage begeben. Eingeleitet und gesteuert von dem Hormon Ecdyson wird nun nach Erhöhung des Drucks im
Kopf-Bruststück (Cephalothorax) die Haut
aufgebrochen, und der Körper und die Beine nach und nach herausgezogen. Übrig
bleibt eine der Spinne sehr ähnlich sehende Haut (Exuvie),
die von Laien oft für eine tote oder sogar für eine lebende Spinne gehalten
wird. Der gesamte Häutungsvorgang dauert je nach Alter der Vogelspinne zwischen
1 bis 24 Stunden
Glücklicherweise stammen heute die meisten Vogelspinnen
aus Zuchten und nicht aus Wildfängen. Vogelspinnen bauen zwischen 3 Wochen und
6 Monaten nach geglückter Paarung einen Kokon, in den sie je nach Art zwischen
50 und 1200 Eier legen. 4 bis 12 Wochen später schlüpfen die winzigen
Jungtiere, die bis zu diesem Zeitpunkt schon 2 bis 3 Häutungen hinter sich
haben. Da sie nach der 3. Häutung anfangen Nahrung aufzunehmen, muß man sie nun unverzüglich voneinander trennen, um ein
gegenseitiges Auffressen (wie es auch in der Natur der Fall ist) zu vermeiden.
Überhaupt erreichen in der Natur (nach BÜCHERL) von 400 Jungtieren
schätzungsweise nur zwei bis drei Weibchen und vielleicht vier bis sechs
Männchen die Geschlechtsreife. Diesen hohen Verlust, verursacht durch mißglückte Häutungen, Feinde, Krankheiten und schlechte
Witterungsverhältnisse, versucht man bei Nachzuchten natürlich zu minimieren.
Trotzdem wird man immer mit Verlusten rechnen müssen. Doch herrscht vor allem
über den von menschlicher Seite beeinflußbaren Faktor
der Wärmeintensität noch Unklarheit: So halten die einen Züchter ihre "Spiderlinge" bei Zimmertemperatur, andere dagegen halten
ein sehr warmes Lebensmilieu für am besten. Aus Unkenntnis der tatsächlich
optimalen Bedingungen wachsen viele Spinnen nur sehr langsam oder sterben
frühzeitig.
Geiselspinnen
In den
Tropen und Suptropen Amerikas, Afrikas, Asiens und
Australiens leben jene eigenartigen nächtlichen Jäger, die eine Mittelstellung
zwischen Skorpionen und Spinnen
einnehmen. An die Skorpione erinnern die großen Maxillipalpen,
an die Spinnen die klare Gliederung in
Kopfbruststück und Hinterleib. Im
Verhalten stimmen sie mehr mit den Skorpionen überein, so vor allem
hinsichtlich ihrer Liebesspiele. Die
Eier werden von den Weibchen in einem
Brutbeutel getragen. Die Jungen werden für 4-6 Tage vom Weibchen auf dem Rücken
transportiert. Da das erste Beinpaar zu einer langen Geißel umgebildet wurde,
laufen die Geißelspinnen nur auf sechs Beinen. Sie weisen Körperlängen von 4-45
mm auf. Alle lieben eine hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 25-3O°C.
Viele sind Höhlenbewohner, andere leben unter Rinden oder Steinen. Geißelspinnen
können ausgezeichnet seitwärts laufen. Bis auf blinde Formen haben sie acht
einfache Augen. Sie sind völlig harmlos. Ihre Mundwerkzeuge enthalten keine
Giftdrüsen. Die Beute wird ohne Betäubung innerhalb weniger Sekunden
zerquetscht. In Gefangenschaft werden Insekten wie Fliegen, kleine Grashüpfer,
Schaben und Termiten gefressen. Die kräftigen Maxillipalpen
können die menschliche Haut, wenigstens bei den großen Arten, durchdringen.
Geißelspinnen trinken recht oft ziemliche Mengen von Wasser.
Das Terrarium sollte
Treibhausatmosphäre und einen Holzzylinder mit etwas abstehender breiter Rinde
aufweisen, unter der sich die Tiere
verkriechen können. Da sie über kein
Spinnvermögen verfügen, sieht ihr Unterschlupf immer sauber aus. Die
Beobachtung des Ertastens der Beute mittels der langen Geißeln des ersten
Beines gelingt nur im abgedunkelten Raum bei Rotlichtbeleuchtung. Alle Arten
wachsen sehr langsam und werden erst im Alter von drei Jahren nach mehreren
Häutungen geschlechtsreif.