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Krankheiten
Ein umsichtiger, oder durch schlechte
Erfahrungen vorsichtig gewordener Terrarianer setzt seine Neuerwerbung in ein
Quarantäneterrarium. Dies mag manchem angesichts eines fertig eingerichteten
Terrariums schwerfallen. Man muß aber bedenken, daß unter Umständen die ganze
Einrichtung erneuert werden muß, nur weil man die Quarantänezeit als
überflüssig abgetan und dadurch Parasiten eingeschleppt hat. War die
Quarantänezeit aber wirklich einmal unnötig, kann man sich darüber freuen, denn
hundertprozentig gesunde Tiere, frei von Krankheiten oder Parasiten sind
wirklich die Ausnahme. In dieser Hinsicht wird man am meisten Glück bei
Nachzuchttieren haben, die man direkt vom Züchter erwirbt.
Das Quarantäneterrarium soll aus
Gründen der schnellen und leichten Reinigung und Desinfizierung möglichst
glatte, fugenlose Wände haben. Die Einrichtung besteht nur aus einem kleinen
Wasserbecken, eventuell einem Kletterast (glatt, ohne rauhe Rinde) und einem
Zierkorkstück als Unterschlupf. Als Bodenbelag eignet sich gut Zeitungspapier.
Sind Pflanzen für das Wohlbefinden der Neuzugänge unerläßlich, stellt man das
entsprechende Gewächs in einem Topf hinein. Im Gegensatz zu der einfachen
Einrichtung müssen Temperatur und Luftfeuchtigkeit optimal sein.
Die Dauer der Quarantäne richtet sich
nach dem Zustand des neuerworbenen Tieres. Im Normalfall genügen etwa vier bis
sechs Wochen, in denen das Tier regelmäßig Futter aufnehmen und sichtlich
gedeihen muß.
Ein neuerworbenes Tier wird gleich
nach dem Auspacken gründlich "durchgecheckt". Wer sich die Tiere
nicht schicken läßt, sollte diese Maßnahme bereits beim Händler durchführen.
Zuerst
wird das Tier in warmem Wasser gebadet und mit einem weichen Lappen
abgetrocknet. Ein gesundes, kräftiges Tier wehrt sich dagegen. Nun fängt man
vorne an und prüft:
Die Atmung. Sie muß leicht und leise sein, pfeifende Geräusche deuten auf Lungenentzündung.
Die Nase. Sie muß trocken sein, bei
Erkältungen ist sie feucht, und manchmal bilden sich beim Ausatmen Bläschen.
Die Augen. Ist das Tier sehtüchtig?
Blinde Augen sind trüb oder starr (Schlangen haben trübe Augen, wenn sie kurz
vor der Häutung stehen), ein gesundes Auge reagiert auf plötzliche
Helligkeitsunterschiede (Prüfung mit der Taschenlampe).
Die Umgebung der Augen auf Milben und
Zeckenbefall.
Die Mund- und Nasenpartie. Bei
schreckhaften Tieren kommen hier Verletzungen vor, die durch heftiges Anstoßen
im Terrarium verursacht werden. Besonders die großen, scheuen Echsen sind
gefährdet.
Das Innere des Mundes auf Befall von
Mundfäule. Typisch dafür sind gelbe Eiterbeläge an den Zähnen. Bei starkem
Befall sind die Lippen dick geschwollen, der Mund ist nicht mehr dicht
geschlossen, und die Zähne fallen aus. Bei Schildkröten ist diese Untersuchung
nicht durchführbar. dafür achtet man bei ihnen auf die Beschaffenheit der
Oberkieferränder. Manchmal bilden sie einen "Schnabel" und behindern
damit die Nahrungsaufnahme.
Die Zehen und Krallen auf
Vollständigkeit und richtige Länge.
Die Gelenke auf Verdickung und
einwandfreies Funktionieren.
Den Schwanz, ob er schon einmal
abgebrochen war (nur bei Eidechsen).
Die Umgebung des Afters, der Augen,
Gelenke auf Milben und Zeckenbefall.
Die Haut. Sie soll keine Geschwüre und
Wunden haben. Bei Schlangen dürfen keine Hautreste von der letzten Häutung
übrig sein, besonders genau betrachtet man die Schwanzspitze. Bei Echsen
zusätzlich die Zehen. Werden solche Hautreste nicht entfernt, sterben die Zehen
oder der Schwanz ab.
Bei Schildkröten die Beschaffenheit
des Panzers. Weist er Verformungen, Risse oder sonstige Verletzungen auf?
Außerdem soll er hart sein. nur ganz junge Schildkröten haben einen weichen
Panzer.
Bei Amphibien besonders die
Beschaffenheit der Haut. Sie soll ohne Verletzungen sein, da diese etwas
schwierig zu behandeln sind. Kritisch betrachtet man auch hier die
Mund-Nasenpartie.
Zum Abschluß wird das Tier noch
gewogen und eventuell die Länge gemessen. Auf diese Weise bekommt man einen
Anhaltspunkt für das spätere Wachstum und Gedeihen. Überhaupt rentiert sich das
Anlegen eines Karteiblattes mit allen wichtigen Daten und Beobachtungen. So
kann man auch noch nach Jahren auf korrekte Angaben zurückgreifen, deren Wert
man beim Erfahrungsaustausch mit anderen Terrarianern feststellt.
Muß das Tier nicht behandelt werden,
wird es in das Quarantäneterrarium gesetzt und regelmäßig beobachtet.
Entscheidend ist die Futteraufnahme und die Abgabe von
Kot, ebenso arttypisches Verhalten. Weicht es erheblich vom Normalen ab, kann
man daraus schließen, daß irgend etwas nicht in
Ordnung ist, die große Frage ist: was? Selbst Tierärzte sind hier manchmal
hilflos, welche Diagnose soll da ein Laie stellen? Oft handelt es sich um
innere Parasiten, deren Nachweis am lebenden Tier mehr oder weniger schwierig,
wenn nicht sogar unmöglich ist. Eine Kotuntersuchung oder ein Abstrich tragen
zur Aufklärung bei, wobei aber bemerkt werden muß, daß solche Untersuchungen
von Tierärzten oder von zoologischen Instituten gemacht werden sollten, da
diese über die entsprechende Erfahrung verfügen und auch das Medikament zur
Behandlung nennen können.
Einen Tierarzt muß man praktisch immer
zu Rate ziehen, da die meisten Medikamente rezeptpflichtig sind. Eigenes
Herumexperimentieren ist aus Rücksicht auf das Wohl der Tiere zu unterlassen.
Ebenso ist zur Versorgung von schwierigen Wunden und zur Verabreichung von
Spritzen ein Tierarzt notwendig, denn nur er ist in der Lage, solche Arbeiten
fachgerecht durchzuführen.
Häutungsschwierigkeiten: Schlangen
müssen bei jeder Häutung ihre alte Haut restlos abstreifen. Ist dies nicht der
Fall, erleidet die neue Haut an dieser Stelle Schaden. Häutungsschwierigkeiten
sind meist eine Mangelerscheinung, die mit Vitamingaben und Höhensonne verhütet
wird. Bei feuchtigkeitsliebenden Tieren kann auch zu trockene Haltung die
Ursache sein. Alte Hautfetzen kann man leicht entfernen, wenn man die
betreffende Stelle mit warmem Wasser aufweicht. Besonderes Augenmerk richtet
man dabei auf die Schwanzspitze, die Augenlider und die Nasenlöcher. Mit einer
Pinzette hebt man die alte Hautschicht behutsam ab. Auch Amphibien können
solche Häutungsprobleme haben; hier ist vor allem zu geringe Luftfeuchtigkeit
die Ursache. Behandelt wird ebenfalls mit warmem Wasser, aber ohne Pinzette;
die alte Haut entfernt man mit den Fingern.
Bißwunden sowie Verbrennungen durch
unsachgemäß installierte Heizung:
Zweck der Behandlung ist die
Beschleunigung und Unterstützung der natürlichen Heilung sowie der Schutz vor
Infektionen dieser Stellen. Geeignete Mittel sind: Lebertran-Salbe (zum
Beispiel Unguentolan), Furacin-Sol-Salbe, Ulcurilen-Salbe und Puder,
Bepanthen-Salbe, Penicillin-Puder, Leukocillase-Puder, Chloromycetin-Spray,
oder Noviform-Salbe, Lozagen-Gel.
Geschwüre: Behandlung spezifisch nach
Antibiogramm.
Augenentzündungen, dicke Augen:
Terrarycin Augensalbe auftragen. Zur Vorbeugung kommt die verstärkte Gabe von
Vitamin A in Frage (A-Mulsin).
Mundfäule: Kommt vor allem bei
geschwächten Tieren zum Ausbruch; die Ursache ist eine bakterielle Erkrankung.
Mit einem Wattestäbchen werden die Eiterbeläge vorsichtig entfernt. Bis zur
vollständigen Verheilung muß der Mund nun täglich mit einem
Breitspektrum-Antiblotikum wie Terramycin - Suspension, Aureomycin oder bei
Befall mit Aerobiern und Anaerobiern mit dem Sulfonamidpräparat Supronal
bepinselt werden. Die Verabreichung eines Multivitaminpräparates unterstützt
die Heilung.
Rachitis, Kalkmangel: Gegenmittel sind
UV-Bestrahlung, Vitamin D-Präparate (Vigantol, Calcipot D3), Kalkpräparate
(Calcipot, Reptovit, Sepiaschale).
Wasserpocken bei Reptilien: Meist ist
zu feuchte Haltung die Ursache. Zur Behandlung hält man das betroffene Tier
trocken und reibt die befallenen Hautstellen mit Lebertran-Salbe oder Noviform-Salbe
ein.
Tumoren, Geschwülste: Ihre Behandlung
ist Sache des Tierarztes.
Darmvorfall: Kommt bei Fröschen am
häufigsten vor. Der Grund ist meist die Haltung in zu kleinen Terrarien sowie
einseitiges Futter. Um
Entzündungen und Verletzungen des
heraushängenden Mastdarms zu vermeiden, kann man ihn vorsichtig mit einem
Wattestäbchen wieder zurückschieben (ist sehr schwierig bei kleinen Tieren).
Lungenentzündung: Ursache sind Zugluft
oder zu große Temperaturunterschiede, besonders bei Wasserschildkröten (warmes
Wasser - kalte Luft). Zur Behandlung muß das Tier gleichmäßig warm gehalten
werden. Gutes, vitaminisiertes Futter und Antibiotika sind notwendig.
Milben (äußerlich) und Zecken: Diese
blutsaugenden Parasiten sind zwar lästig, aber relativ harmlos, da sie leicht
erkannt und bekämpft werden können. Wird ein Tier befallen, sitzen sie vor
allem um den After und vor den Augen. Bei Schlangen auch unter den Schuppen,
hier besonders auffällig im stark dehnbaren Mundbodenbereich. Das befallene
Tier wird in der Badewanne mit einem dünnen aber festen Warmwasserstrahl
gründlich abgespritzt (nicht am Kopf, wegen der Gefahr für die Augen). Sodann
kommt das Tier in einen weißen Leinensack, der zuvor mit ein paar Tropfen 1 %
Neguvon-Lösung versehen und getrocknet wurde. Jeden Tag wird der Leinensack
gewechselt und das Tier zuvor abgespritzt. Diese Prozedur ist so lange zu
wiederholen, bis in dem Leinensack (deshalb die weiße Farbe) keine Milben oder
Zecken mehr feststellbar sind. Parallel zu dieser Maßnahme muß das Terrarium
vorgenommen werden. Bei einem eingerichteten Terrarium entfernt man den
Bodengrund restlos und wäscht den ganzen Behälter mit Desinfektionsmittel
(Tego, Sagrotan) aus. Einrichtungsgegenstände übergießt man mit kochendem
Wasser. Anschließend verschließt man sämtliche Öffnungen am Terrarium und hängt
einen Insektenstrip hinein. Den Strip läßt man solange in dem leeren Terrarium,
bis das befallene Tier wieder frei von Milben und Zecken ist, mindestens jedoch
acht Tage. Danach wird das Terrarium nochmals gründlich ausgewaschen und einen
Tag lang gelüftet. Bei der neuerlichen Einrichtung muß man aber darauf achten,
daß man mit dem Sand und der Erde nicht gleich wieder frische Parasiten
einschleppt. Eine kräftige Erhitzung im Backofen schließt diese Gefahr aus.
Mykosen (Schädigung der Haut durch
Pilze):
Ein wirksames Antimykotikum ist
Myko-Jellin, dessen Erfolg durch trockene Haltung unterstützt wird.
Innere Parasiten wie Amöben und
Würmer:
Ihre Bestimmung und Erkennung
erfordert viel Fachkenntnis und ist darum die Aufgabe eines Tierarztes oder
eines zoologischen Institutes. Anzeichen für einen derartigen Befall sind
Nahrungsverweigerung, Mattigkeit, Bewegungsunlust sowie bei Schlangen
ausgestrecktes Liegen und Erbrechen der Nahrung. Bei allen Behandlungen ist es
vorteilhaft, wenn das Tier bis zur vollständigen Genesung in ein separates
Terrarium gesetzt wird. Durch das Herausfangen kommt viel Unruhe in das
Terrarium, jedoch wird die Krankheit sonst vielleicht auf die anderen
Mitinsassen übertragen. Bei der Behandlung mit Salben bleibt Sand und Erde
daran kleben und bildet eine Kruste. Auch aus diesem Grund ist die
Einzelhaltung in einem mit Zeitungspapier ausgelegten Terrarium angebracht.